Die dargestellten Inhalte ersetzen in keinem Fall die persönliche Beratung oder Behandlung durch ausgebildete und anerkannte Ärzte und Therapeuten. Sie und dürfen nicht verwendet werden, um eigenständig Diagnosen zu stellen oder Behandlungen einzuleiten.
Einen Schritt voraus
Rhizarthrose
Die anatomischen Besonderheiten der menschlichen Hand erlauben im Vergleich zu den Primaten ein weit umfangreicheres Greif- und Tastrepertoire. Dazu gehören unter anderem Fähigkeiten wie präzises Zugreifen, Werfen, Manipulieren und Bearbeiten von Gegenständen.
Mit seinen Händen verfügt der Mensch nicht nur über ein perfektes Werkzeug und Instrument der Feinmotorik. Sie erlauben ihm auch, seine künstlerischen und geistig-gestalterischen Fähigkeiten zum Ausdruck zu bringen und sind Teil seiner gestischen Emotionalität. In einer überaus intensiven Wechselwirkung sind unsere Hände ausführendes Organ unseres Geistes.
Der Daumen ist der „menschlichste“ aller Finger. Ihm kommt eine Sonderstellung in der Handfunktion zu. Er prägt in besonderem Maße die spezifische Leistungsfähigkeit der menschlichen Hand und ist Dreh- und Angelpunkt für die verschiedenen Fingergreiffunktionen.
Circa 40 – 60 % aller Handfunktionen erfordern den Einsatz des ersten Fingerstrahles. Die Funktion und Beweglichkeit des Daumens und der Hand wird maßgeblich durch das Daumensattelgelenk bestimmt. Wegen der häufigen Beanspruchung seiner funktionellen und anatomischen Selbständigkeit gegenüber den übrigen Handgelenken und der komplizierten Dynamik, ist es für degenerative und traumatische Schäden prädisponiert. Unter den Gelenken der Hand weist es die höchste Arthroserate (Gelenkverschleiß) auf. Gelenkerkrankungen des Daumens und insbesondere des Daumensattel-gelenkes bewirken durch Schmerzen, Kraftverlust und Bewegungs-einschränkungen schwere Einbußen der Hand- und Handgelenksfunktionen im Beruf und im alltäglichen Leben. Viele Patienten mit klinisch manifester Daumensattelgelenkarthrose (Rhizarthrose) müssen im Verlauf der Erkrankung und nach ausgeschöpfter konservativer Therapie einer Operation zugeführt werden.
Verschleißerscheinungen im Bereich der Hand und insbesondere im Bereich des Daumensattelgelenkes treten bei etwa 5 – 30 % der Männer und bei rund 16 – 36 % der Frauen auf. Frauen tragen gegenüber Männern ein circa 3-fach höheres Risiko für die Entstehung von symptomatischen Arthrosen im Bereich der Hand.
Der ätiologische Einfluss des Hormonstatus wird durch ein gehäuftes Auftreten der primären Rhizarthrose bei post-menopausalen Frauen, bei Adipositas und bei erhöhter Knochendichte unterstrichen. Auch besondere manuelle Belastungen durch Daumen- und Fingerfein-bewegungen (z.B. in bestimmten Berufsgruppen wie: Goldschmiede, Uhrmacher, Künstler, etc. aber auch Hausfrauen) werden von vielen Autoren in ursächliche Beziehung mit der Erkrankung gebracht. Überraschenderweise scheinen bei Rechtshändern die linken Daumen früher zu erkranken und Beschwerden zu verursachen.
Konservative Therapie (ohne Operation)
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Einnahme von nicht steroidalen Antirheumatika (NSAR) in Form von Tabletten (z. B. Ibuprofen, Diclofenac)
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Physikalische Maßnahmen mit lokaler Wärmeapplikation/Ultraschall und krankengymnastische Behandlungen
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Ruhigstellung für einige Wochen, nachweislich bewirkte das Tragen einer Orthese (z. B. Rhizoloc/Bauerfeind) in allen Arthrosestadien eine Symptomreduktion
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Röntgentiefenbestrahlung
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lokale Gelenk- Injektion mit Kortikoid-Suspensionen (z. B. Triamcinolon)
Viele Patienten mit klinisch manifester Daumensattelgelenkarthrose (Rhizarthrose) müssen im Verlauf der Erkrankung und nach ausgeschöpfter konservativer Therapie einer Operation zugeführt werden.
Operative Therapie
Für alle Verfahren wesentlich ist die angemessene und stadiengerechte chirurgische Versorgung der Daumensattelgelenkarthrose, die vordergründig anhand der röntgenologischen Einteilung nach Eaton & Glickel erfolgt.
Es kommen folgende Verfahren in Betracht:
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Gelenktoilette (auch arthroskopisch)
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Denervierung nach Wilhelm
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Kapselplastik nach Eaton und Littler (nur bei Instabilität ohne relevante Degeneration)
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basisnahe Umstellungsosteotomie
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Gelenk-Versteifung
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Trapezektomie/ Resektionsarthroplastik (Entfernung des Viel-Eck-Beines = Trapezium)
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RIAP (Resektionsinterpositions-suspensionsarthroplastik) z. B. Plastik nach Noack & Epping mit körpereigener, lokal verfügbarer Sehne
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Implantation einer Daumensattelgelenk-Endoprothese
Trapezektomie & RIAP
Die derzeit gängigste Behandlung ohne Verwendung von Implantaten ist die Entfernung des Viel-Eck-Beines ggf. kombiniert mit einer Sehnenplastik, mit der der entstandene Platz teilweise aufgefüllt wird (körper-eigener Sehnenspacer) und/oder der Daumenmittelhandknochen zusätzlich stabilisiert wird (Aufhängeplastik).
Die gute Mobilität kann zulasten der Stabilität und Kraftentwicklung gehen, die mit der Entfernung des Viel-Eck-Beines auch häufig mit einer Verkürzung/ Hochwandern des Daumens verbunden ist. Mittlerweile konnten in Langzeitstudien und Meta-Analysen keine relevanten Ergebnisunterschiede zwischen der reinen Trapezium-Entfernung und den Kombinations- eingriffen mit zusätzlicher Sehnenplastik nachgewiesen werden. Berücksichtigt man die einfachere Durchführung, die geringere Komplikationsrate und die kürzere Operationszeit spricht vieles für die Anwendung der alleinigen Viel-Eck-Bein-Entnahme ohne zusätzliche Verletzung einer Hand-Sehne. Die Langzeitergebnisse sind unabhängig vom gewählten Verfahren sehr gut, werden aber meist erst nach 6 – 9 Monaten erreicht. Die Verkürzung des Daumens führt nicht selten zu verminderter Kraft und im Vergleich reduzierter Funktionalität der operierten Hand.
Implantation einer Daumensattelgelenk-Endoprothese
Eine weitere Option in der operativen Therapie der Rhizarthrose stellt der künstliche Gelenkersatz dar. Hier stehen mittlerweile unterschiedliche Implantate verschiedener Generationen und Entwicklungsstufen zur Verfügung. Von Vorteil bei der prothetischen Behandlung der Rhizarthrose (im Vergleich zur einfachen oder kombinierten Trapezektomie) sind die frühe Übungs- und Belastungsstabilität sowie kurze Immobilisationszeiten, die eine nur sechswöchige Rehabilitationsdauer ermöglichen. Nach der Operation wird zur Einheilung des Implantates der Daumen in einer Bandage/Orthese für 4 – 6 Wochen ruhiggestellt. Danach kann in der Regel die Hand wieder vollständig benutzt und z. B. die berufliche Tätigkeit wiederaufgenommen werden.
Insbesondere für berufstätige Patienten besteht zu anderen Behandlungsoptionen der Vorteil im vergleichsweisen kurzen zeitlichen Ausfall. Die Wiederherstellung von Kraft und Funktion der Hand/des Daumens bei gleichzeitiger Schmerzausschaltung werden mit dem künstlichen Gelenkersatz mit großer Sicherheit in kurzer Zeit erreicht, weswegen wir dieses Behandlungsverfahren favorisieren. Schnelle Rekonvaleszenz, bessere Funktionalität und stärkere Kraftentwicklung stehen einer, im Vergleich mit der Trapezium-Entfernung, höheren Komplikationsrate (z. B. Ausrenkung des Kunstgelenkes) gegenüber. Die Haltbarkeit des Gelenkersatzes ist voraussichtlich begrenzt. In unserer bislang 15-jährigen Praxis und Erfahrung bestanden bei 95 % aller so behandelten Patienten weder Prothesen-Lockerungen noch andere relevante Probleme.
Durch die Hand ist der Mensch das einzige Wesen der Tat geworden. Alle anderen haben kein Organ dafür. Schnabel, Gebiß, Klauen, Hörner – was ist das alles gegen die schöpferische Hand?
Oswald Spengler (1880 – 1936), deutscher Kultur- und Geschichtsphilosoph